Auszug
Nun wissen Sie ja sicherlich bereits, worum es in dem hier beschriebenen Buch geht. Ansonsten folgt nochmal eine grobe Zusammenfassung:
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Kellner, Köche, Gäste, Stress, Burnout, Überstunden und Haxen.
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So, und nun folgt ein kleiner Textauszug…
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Prolog
25 Jahre zuvor
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Entschlossen betrete ich das Lokal. Viel los ist ja nicht, denke ich. Es sind nur einige wenige Tische in dem riesigen Lokal belegt. Gut bürgerliche Küche, viel Schnickschnack an den Wänden und das Besteck langweilt sich in Tonkrügen, die mittig auf den Tischen stehen, gleich neben den Aschenbechern. Auf der Theke liegen Kellnerblöcke und Bleistifte herum. Smartphones gibt es noch nicht, ich kann mich also virtuell nicht ablenken. Steve Jobs wird noch zehn Jahre brauchen, um das erste iPhone auf den Markt zu schmeißen. Mark Zuckerberg ist zu diesem Zeitpunkt dreizehn Jahre alt, popelt gerade während der Biologiestunde in der Nase und hat große Träume, die sehr weit entfernt sind. In diesem Jahr geht auch Google an den Start und wenn man Corona als Suchbegriff eingibt, findet man nichts außer Bier. Ich habe nichts, außer einen Fußball, ein paar aus dem Radio aufgenommene Mixtapes, Pickel und einen Probetermin als Kellner.
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Im Hintergrund klingelt durchgehend das Haustelefon. Eine Mitarbeiterin übernimmt die Rolle im Call-Center, legt ihre Zigarette in den neben dem Telefon stehenden Aschenbecher, notiert sich routiniert die Informationen und füllt das Reservierungsbuch mit Leben. Ein älterer Herr rennt mit hochrotem Kopf an mir vorbei und verschwindet kurz darauf in der Küche. Von der anderen Seite kommt die Thekenkraft, keuchend, schwitzend und hat gefühlt 120.000 Getränkeflaschen im Gepäck. Ich halte die Hektik für übertrieben in Anbetracht dessen, dass das Lokal gerade gefüllt ist, allerdings mit Leere.
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Ich höre einen Schrei aus der Küche. War das der Küchenchef? Vom verbalen Stil her könnte es passen, ein Freund von mir hatte mich bereits vorgewarnt. Was soll‘s. Ich habe heute meinen Probetermin und feiere an diesem sonnigen Tag meine große Premiere als Servicemitarbeiter mit Küchenerfahrung.
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Außerhalb der mir bekannten, gekachelten Stresszone, der Küche, scheint das hier der Wellnessbereich zu sein. Ich lehne mich gelassen, vielleicht minimal überheblich, an der Theke auf. Eine schick gekleidete, etwas überschminkte und vor allem müde wirkende Dame schlürft um die Ecke. Sie sieht mich an und ihre Frage lautet »Du bist der Neue, wa?«. Diese Füchsin, denke ich mir, sehe an mir herunter und frage mich, was mich verraten hat. Der offene Hosenstall kann es nicht sein, ich schließe ihn dennoch. »Dann ma´ mitkommen!«, sagt sie so freundlich wie ein Gefängniswärter, der einen verurteilten Straftäter zu seiner Einzelzelle begleiten möchte. Aufgrund des harschen Tonfalls spiele ich kurz mit dem Gedanken, ihr zu sagen, dass ich mich nicht für die Küche beworben habe, sondern für den Service. Ich lasse es jedoch und freue mich darauf, heute meine Stärken auszuspielen. Ich kenne schließlich Kellner, habe sie mit meinen mageren fünf Jahren Küchenerfahrung regelmäßig untergehen sehen. Einige sind nicht mehr aufgetaucht. Warum das so lief, war für mich nicht nachvollziehbar. Ein paar Teller hinaustragen, zwischendurch lächeln und abkassieren.Â
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Wie dem auch sei, ich werde an diesem angenehm sonnigen Spätsommertag den Grundstein meiner Tablett-tragenden Karriere legen. Ich bin gewillt zu zeigen, wie man mit Stress umzugehen hat, lächle süffisant und selbstüberzeugt. Ich bin jung und werde den alten Hasen mal zeigen, dass irgendwann der Zeitpunkt da ist, wo man Platz machen sollte für die Zukunft, ich bin der verdammte Captain Future. Ich ziehe mich um und freue mich auf das anstehende Trinkgeld, welches ich in wenigen Stunden mit der Schubkarre herausfahren werde.
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CUT!Â
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Es ist 18.30 Uhr. Das Lokal ist voll, meine Hose ebenfalls. Ich leider nicht. Ach du Scheiße, beschreibe ich innerlich die aktuelle Situation und die Schubkarre verschwindet zunehmend aus meinen Gedanken. Ich habe nur einen kleinen Kellnerbereich zugeteilt bekommen, was ich anfangs als Beleidigung angesehen habe. Dieser kleine Bereich ist jedoch plötzlich so verdammt groß und er wird immer größer. Wird er natürlich nicht und es sind noch immer nur vier Tische. An jedem der vier Tische sitzen Menschen, die eines gemeinsam zu haben scheinen: Zeitnot. Alle machen Sport, nein, sie winken und ihre Gesichter möchten mir sagen, dass sie mir gleich bei lebendigem Leib die Haut abziehen werden, wenn ich sie weiterhin ignoriere. Einige fluchen, aber ich verstehe bei dem Lärm nicht alles. Von rechts faucht mich ein Löwe an, der Thekenchef. Er schaut mich mit verengten Augen an und zeigt zähnefletschend auf das vor ihm stehende Tablett inklusive des darauf stehenden Biers, dessen Schaum schon nicht mehr zu sehen ist. Ich schnappe mir das Tablett mit den acht Gläsern und will gerade die Reise antreten, als ich erneut den Löwen höre und eine Tatze auf meiner Schulter spüre. Er fasst sich kurz:
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»Schaaaaauuuuum!«
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Ich drehe mich wie ein Ballett-Tänzer um und stelle das Tablett wieder ab. Während ich auf frischen Schaaaaauuuuum warte, rast ein Kellner mit fünf Tellern an mir vorbei und schreit im Vorbeigehen »Küchenpass voll! Was stehst du hier herum?«. Parallel sehe ich aus dem Augenwinkel einen Gast an Tisch 4, der so wild mit den Armen fuchtelt, dass man erwägen könnte, mit den passenden Geräten Öko-Strom daraus zu erzeugen. Er will zahlen. Das weiß ich jetzt und der Rest des Lokals ebenso. Mein Bier sieht immer noch nackt und schaumlos aus.Â
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Also eile ich vorerst in die Küche. Mein Kollege hat nicht gelogen. Der Küchenpass ist voll. Zahlreiche Teller stapeln sich. Ich sehe die Zettel mit den dazugehörigen Tischnummern auf den Tellern liegen und versuche zu koordinieren. Es bleibt beim Versuch und nach etwa 6,2 Sekunden haut der Küchenchef zärtlich auf den Tisch, so zärtlich, dass die auf dem Pass stehenden Teller kurz für mindestens einen Zentimeter abheben:Â
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»Trage das Zeug hier weg, Junge!«
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Ich will ja, greife mir zwei Teller, verbrenne mir meine zarten Kellner-Embrio-Finger und der Drache hinter dem Küchenpass faucht erneut.
»Nicht die! Tisch 4, die Haxe. Raus jetzt damit!«
Alles klar, ich stelle die zwei Teller wieder ab, schnappe mir den Teller mit dem Knabberknochen und verlasse die Küche, woraufhin ich erneut von einem Mitarbeiter angeschrien werde:Â
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»Dein Ernst? Ein Teller?«
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Ich ignoriere ihn, laufe mit dem Teller an der Theke vorbei und empfange den nächsten Tadel vom Bar-Löwen, der erneut auf das Tablett zeigt, als würde er es mit seinem Zeigefinger erstechen wollen. Er sagt mir eine schwere Zeit voraus, wenn ich nicht gleich sein Tablett herausbringe. Ich möchte antworten »da fehlt der Schaaaaauuuuum«, aber Tisch 4 ist wichtiger und dann endlich auch komplett. Komplett mit Speisen und mit Sicherheit auch komplett enttäuscht. Das interessiert die anderen Gäste jedoch herzlich wenig, und einer von ihnen kreischt mich von der Seite an:Â
»Wenn sie nicht gleich abkassieren, dann gehe ich, ohne zu zahlen!«
Ich möchte erwidern, dass ich im Zweifel schneller bin als er, sehe aber dann seinen Rollator und schweige. Meine Kollegen laufen mit abwertenden Blicken an mir vorbei. Der Thekenchef ist am Ende, er kocht. Der Küchenchef ebenfalls, hat jedoch anscheinend keine Lust mehr zu kochen.Â
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Ich bin Staatsfeind Nummer 1, die Wurzel des Bösen, die zu entfernende Schale der Zwiebel, der Kellner, der es gewagt hat, leer in die Küche zu laufen, ohne einen Teller abgeräumt zu haben. Der Typ, der das Bier ohne Schaum heraustragen wollte, der Träumer, der eine Schubkarre für das Trinkgeld mitbrachte und am Ende drauflegen würde, weil er bei all dem Stress zu blöd war, richtig abzukassieren. Ja, das war ich an dem Tag …
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Weiter geht’s im Buch:)